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Ministeriumspläne Web-Anzeigenkunden wehren sich gegen Datenschutz-Haftung

Die Werbewirtschaft lehnt den Vorschlag ab: Das Ministerium für Verbraucherschutz will Anzeigenkunden stärker in die Pflicht nehmen - und für Datenschutzverstöße von Internet-Plattformen zur Rechenschaft ziehen. Der Plan könne die Online-Werbung abwürgen, heißt es in einer Replik.
Facebook: Haften bei Datenschutz-Ärger künftig die Anzeigenkunden?

Facebook: Haften bei Datenschutz-Ärger künftig die Anzeigenkunden?

Foto: JUSTIN SULLIVAN/ AFP

Hamburg - Die Reaktion kommt prompt - und sie fällt verheerend aus: Als "schlicht unsinnig" bezeichnet die Organisation für Werbungtreibende im Markenverband (OWM) Pläne des Verbraucherschutzministeriums, Anzeigenkunden für Datenschutzverfehlungen von Internet-Plattformen haften zu lassen. Mit einer solchen Regelung würde nicht der Datenschutz gestärkt, sondern Werbung im Internet massiv geschädigt, teilte der Verband mit.

Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE denkt das Ministerium für Verbraucherschutz über einen radikalen Ansatz nach: Um die in Sachen Datenschutz zuweilen lax operierenden Anbieter aus dem Ausland zu disziplinieren, will man die Anzeigenkunden der Netzfirmen - zum Beispiel Facebook, Google, Yahoo oder jeden beliebigen anderen Anbieter - zur Rechenschaft ziehen, wenn ausländische Unternehmen gegen deutsche Gesetze verstoßen.

Die Idee dahinter: Wirbt ein Unternehmen im Angebot etwa eines Social Networks, profitiert es indirekt auch von dessen möglichen Datenschutzverstößen - zum Beispiel über gezielte Anzeigenplatzierungen, sogenanntes Targeted Advertising. Konkurrenten des Anzeigenschalters könnten dieses Unternehmen dann nach Wettbewerbsrecht kostenpflichtig abmahnen.

Der OWM-Vorsitzende Uwe Becker hält nichts von den Plänen aus dem Ministerium: "Wie soll ein Werbung treibendes Unternehmen einen Internet-Anbieter daraufhin kontrollieren können, dass sämtliche Bedingungen des Datenschutzes auch wirklich erfüllt werden?" Unternehmen würden für Dinge haftbar gemacht, die sie gar nicht prüfen könnten.

Beispiele in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass auch dann noch etwas fehlerhaft sein könne, wenn der Vertragspartner versichere, den deutschen Datenschutz einzuhalten. Um auf der sicheren Seite zu sein, könnten Unternehmen in diesen Medien nicht mehr werben. Der Werbemarkt im Internet könnte so vollständige abgewürgt werden, warnt der OWM.

In dem Verband sind nach eigenen Angaben mehr als 100 Unternehmen Mitglied, die im Jahr mehr als 8,5 Milliarden Euro für Kommunikation und Werbung investieren. Im vergangenen Jahr betrug der Online-Werbemarkt in Deutschland nach Angaben des Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW)  rund 5,4 Milliarden Euro. Für 2011 wird mit mehr als sechs Milliarden Euro gerechnet.

ore/cis