Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Sport
  3. Fußball
  4. Bundesliga
  5. 1. FSV Mainz
  6. Mainzer Nationalspieler: Lewis Holtbys Luftgitarre spielt nicht mehr

1. FSV Mainz Mainzer Nationalspieler

Lewis Holtbys Luftgitarre spielt nicht mehr

Sportredakteur
Mainz's Holtby challenges Hanover's Schulz during their German Bundesliga soccer match in Mainz Mainz's Holtby challenges Hanover's Schulz during their German Bundesliga soccer match in Mainz
Lewis Holtby (r.) spielt seine Gegner längst nicht mehr so leicht aus wie zum Saisonbeginn
Quelle: REUTERS
In Mainz stieg Lewis Holtby zum Nationalspieler auf. Doch seit seinem Debüt bei Bundestrainer Joachim Löw ist er im Verein aber nur noch Ersatz.

Ungewöhnliche Dinge passieren Lewis Holtby neuerdings oft. Kürzlich flog der 20-Jährige mit der Schulter voran durch eine Glasscheibe, die beim Aufprall in 1000 Teile zerbarst – und die Leute um ihn herum applaudierten auch noch. Mit den Stunt-Experten der Fernsehserie „Cobra 11“ hatte Holtby einen Werbefilm für Funktionsunterwäsche gedreht.

Doch nicht nur als Model ist der Blondschopf gefragt, seit er mit dem FSV Mainz 05 die Bundesliga durcheinander wirbelt und sogar zum Nationalspieler aufstieg. Der Mann, der nach seinen Toren unnachahmlich Luftgitarre spielt, ist plötzlich ein Teenie-Star, auf den die „Bravo“ nicht mehr verzichten mag. Und im Internet sind bei Facebook triviale Fotos zu sehen, auf denen er beim Weihnachtsmarktbesuch einen Crepes isst – und dennoch haben schon über 18.000 Benutzer den Button „Gefällt mir“ angeklickt.

Holtby ist in den letzten Monaten zu einem umschwärmten Star aufgestiegen, doch nun hat er sich rar gemacht. Vor dem Spiel gegen den FC Schalke 04 morgen (17.30 Uhr, Sky) gibt es keine Autogrammstunden, keine Interviews mehr. „Ich möchte derzeit nichts sagen“, betonte er gestern am Telefon.

Holtby braucht Ruhe, um all die Eindrücke verarbeiten zu können. Und er will sich wieder ausschließlich auf den Fußball konzentrieren. Sein Trainer Thomas Tuchel hatte ihn zuletzt nämlich zum Ersatzspieler degradiert. Auch morgen droht ihm der Platz auf der Bank, dabei würde er Felix Magath so gern zeigen, was er kann.

Für gerade mal 200.000 Euro hat ihn der Schalker Trainer vor der Saison an Mainz verliehen. Und es war das zweite Mal, dass Magath ihn wegschickte. Im vorigen Winter hatte er Holtby für die Rückrunde beim VfL Bochum geparkt. Statt wie erhofft mit Schalke um die Meisterschaft kämpfte Holtby gegen den Abstieg – vergeblich, der VfL stürzte in die Zweite Liga. Erneut abgeschoben nach Mainz, blühte er dann auf. Tuchel schaffte das, was Magath nicht gelang: Holtbys Potenzial auszuschöpfen. Und ihn zum Nationalspieler zu formen.

Gemeinsam mit Andre Schürrle begeisterte Holtby in den ersten Wochen der Saison mit Offensivfußball. Sogar der FC Bayern fand keine Mittel gegen „Tuchels Boygroup“ und verlor 1:2. Im September wurde die Tabellenführung im ZDF-Sportstudio gefeiert, indem die Spieler eine Popband imitierten.

Spaß, Erfolg, Spielfreude der Mainzer faszinierten die Republik, und Holtby war das Gesicht dieser Begeisterung. Im November debütierte er dann in der Nationalmannschaft, nach dem 0:0 im Länderspiel gegen Schweden lobte Bundestrainer Joachim Löw: „Er war auffallend gut. Wir haben Spieler gewonnen für die Zukunft.“

Sportlich läuft es nicht mehr

Bei all dem Lob betonte Holtby immer wieder artig, dass er darauf achten werde, nicht abzuheben. Wie gut ihm das auch gelungen sein mag, sportlich läuft es für ihn inzwischen nicht mehr. Seit Anfang Oktober hat er kein Tor mehr erzielt und keine Vorlage gegeben. Und seit er bei der Nationalelf war, ist er seinen Stammplatz im Verein los. Mainz absolvierte nach dem Länderspiel drei Partien – Holtby lief kein einziges Mal von Beginn auf. Beim 1:2 gegen Eintracht Frankfurt vor einer Woche durfte er nur elf Minuten spielen. Zuvor hatte er mehrfach enttäuscht. Ob es am Rummel und den ganzen Terminen an trainingsfreien Tagen lag? So klar wollen das die Mainzer Verantwortlichen nicht formulieren. Aber ihre Sätze sind vielsagend. „Er hatte eine schwache Phase“, sagte Mainz-Manager Christian Heidel, und Trainer Tuchel betont, dass er seine Maßnahmen nicht als Denkzettel verstanden wissen will: „Lewis hat gemerkt, dass die Saison lang für ihn war, auch durch die Länderspiele dazwischen.“ Es sei eine Pause, die dem Spieler gut tue. Er würde ihn gern über diese Saison hinaus behalten, doch Mainz hat keine Kaufoption.

Weil sich Holtby trotz dem aktuellen Formtief unbestritten zu einem Topspieler entwickelt hat, will Magath ihn zurück. Mainz ist dank des Mittelfeldspielers Zweiter, Schalke nur Tabellen-15. – in Gelsenkirchen sagen viele, der Verein hätte Holtby nie weggeben dürfen. „Bild“ schrieb kürzlich: „Magaths größter Fehler ist Mainz’ größtes Glück.“

Anzeige

In den ersten sieben Saisonspielen für Mainz schoss Holtby zwei Tore und bereitete sechs Treffer vor. Sein geschätzter Markwert ist auf fünf Millionen Euro gestiegen. Er ist der Spielertyp, der Schalke im Mittelfeld fehlt. Magath bereut das Leihgeschäft dennoch nicht, zumindest nicht öffentlich. Im Gegenteil, er sagt: „Es war eine gute Entscheidung – für alle. Er bekommt Spielpraxis, Mainz hat einen tollen Mittelfeldmann, und wir bekommen bald einen noch wertvolleren Profi zurück.“

Doch das Verhältnis Magath-Holtby ist belastet. Nach seinem ersten Bundesliga-Spiel 2009 stellte Schalkes Trainer das Talent öffentlich an den Prager. Gegen den 1. FC Nürnberg stand es 1:2, als Holtby in der Nachspielzeit einen aussichtsreiche Konterchance vergab. Statt zu passen, schoss er von der Mittellinie aus am Tor vorbei. Magath tobte: „Die Tendenz ist doch mittlerweile so, dass Spieler oft darauf aus sind, zunächst selbst gut auszusehen, statt die Mannschaft gut aussehen zu lassen.“

Wegen einer Aktion ließ er Holtby danach nicht mehr spielen. Magath sei einer der besten Trainer Deutschlands, sagte Holtby dennoch. Doch könnte er auf Schalke auch so befreit spielen wie zu Beginn der Saison für Mainz Holtbys knappe Aussage: „Im Moment ist es viel zu früh, dieses Thema anzugehen.“

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema