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Spiele, Video, Musik: So klingt und spielt das iPad 2

iPad-2-Apps im Test Streicheln für den Monstersound

Konzerte einspielen, Tonspuren mischen, Videos schneiden: Mit dem iPad 2 bringt Apple einzigartige Apps auf den Markt. Profitieren die Programme vom schnelleren Prozessor des neuen Tablets? Matthias Kremp hat die ersten Apps ausprobiert.

Das neue iPad 2 ist schön - und schnell: Das bestätigen Messungen der PC-Technik-Website chip.de . Den Tests zufolge ist das neue Apple-Tablet in einigen Bereichen tatsächlich teilweise doppelt so schnell wie sein Vorgänger. Doch, wofür braucht man so viel Rechenleistung eigentlich? Schließlich hat schon beim ersten iPad niemand geklagt, es sei zu langsam, tue sich schwer mit Spielen oder bestimmten Apps.

Obwohl, ein paar Anwendungen gibt es doch, die nahe an die Leistungsgrenzen des Ur-iPad herankommen. Die iPad-Tageszeitung "The Daily" beispielsweise, die Medien-Mogul Rupert Murdoch mit viel Aufwand hat entwickeln lassen. Anwender klagen, beim Blättern komme es öfter zu Wartezeiten, anfangs stürzte die App aus unerklärlichen Gründen ab. Und auch manche Spiele bringen das Tablet an seine Grenzen. Die Städte-Simulation "Sim City Deluxe" zum Beispiel läuft zwar rund, doch die Grafik ruckelt manchmal heftig, die Ladezeiten erfordern Geduld.

Auf dem iPad 2 installiert, ist von solchen Malaisen nichts mehr zu spüren. "The Daily" ruckelt kaum noch, "Sim City Deluxe" ist sekundenschnell geladen, und die Megastädte flutschen plötzlich mühelos über den Bildschirm. Offenbar ist tatsächlich etwas dran an Apples Behauptung, die Grafikleistung sei neunmal höher als beim Vorgänger. Was das wirklich bringt, lässt sich derzeit freilich kaum abschätzen, schließlich sind bisher alle Apps auf das Ur-iPad ausgelegt, das nur halb so viel Arbeitsspeicher (256 statt 512 Megabyte) und einen Prozessorkern weniger hat als das neue Modell.

Nur wenige Hersteller haben es schon geschafft, ihre Apps an Apples Dualcore-Chip A5 anzupassen. Einer davon ist Chair Entertainment. Das Unternehmen hat das Fechtspiel "Infinity Blade" schon mit höher aufgelösten Grafiken versehen, die für das iPad 2 optimiert sein sollen. Und tatsächlich: "Infinity Blade" sieht verdammt fein aus, mit bewegten Wasseroberflächen, glänzendem Metall, Lichteffekten und flüssig animierten 3-D-Figuren.

Die im iPad 2 eingebauten Kameras und Sensoren macht sich die Metaio GmbH zunutze. Deren Augmented-Reality-App "Junaio" gibt es schon lange fürs iPhone, doch erst auf dem iPad macht sie richtig Spaß. Die Anwendung blendet ortsbezogene Online-Inhalte in das von der iPad-2-Kamera aufgenommene Bild der Umgebung ein. Richtet man den Sucher auf ein Restaurant, kann man sich Nutzerbewertungen oder die Speisekarte und Öffnungszeiten anzeigen lassen. Auf dem iPhone-Bildschirm allerdings, geht es dabei oft reichlich gedrängelt zu, wenn man beispielsweise Wikipedia-Einträge zu einer Innenstadt anzeigen lässt. Auf dem iPad 2 dagegen haben die Einblendungen endlich Platz, lassen Raum, damit man auch das dahinterliegende Bild noch erkennen kann.

Finger-Schnittplatz "iMovie"

Apple hat zwei Apps vorgelegt, die zeigen, was in dem neuen Modell steckt: Die Videobearbeitungssoftware "iMovie" und das Musikprogramm "Garageband". Beide sind Ableger von Mac-OS-X-Programmen, also von Software, die eigentlich einen richtigen Computer voraussetzt. Trotzdem gab "iMovie" sein Debüt als App schon mit dem iPhone 4. Die abgespeckte Videosoftware soll es Besitzern des neuen Handys ermöglichen, selbstaufgenommene Videos ohne Umweg über einen PC direkt auf dem Handy zu bearbeiten, zu verschicken und auf Websites zu laden.

Das soll nun auch die neue Version leisten, die ausschließlich auf dem iPad 2, dem iPhone 4 und dem iPod Touch 4 läuft. Wer ein iPad der ersten Generation besitzt, kann die Software nicht so einfach nutzen. Apple begründet das damit, dass "iMovie" auf einem Gerät ohne Kamera nicht sinnvoll wäre. Mit einigen Tricks lässt sich die App doch auf Alt-iPads installieren. Man kann dann eben nur Videos aus der Retorte bearbeiten.

Das macht oft mehr Spaß als das Herumschnipseln an Videos, die man mit dem iPad 2 aufgenommen hat. Denn um die Bildqualität der beiden eingebauten Kameras steht es nicht zum Besten. Sie sind absolute Schönwetter-Knipsen. Scheint die Sonne, liefern sie tolle Fotos und Filme in 720p-HD-Auflösung. Geht es aber schummrig zu, verfälschen sie Farben und neigen zum Rauschen.

Es macht trotzdem Spaß, auf dem iPad 2 Filme aus solchen Videoschnipseln zu basteln. Das liegt daran, dass es so leicht von der Hand geht. Videos und Fotos verteilt man einfach per Fingerzeig über die Zeitleiste, wirft ein paar Schnitteffekte darüber, wählt einen Soundtrack aus und garniert das Ganze noch mit ein paar Soundeffekten (quietschende Reifen, Applaus, solche Dinge eben) oder spricht Kommentare auf.

An die Qualität und die Möglichkeiten einer guten PC-Videoschnittsoftware reicht das natürlich noch lange nicht heran. Aber man kann mit vergleichsweise geringem Aufwand Filmchen zusammenstückeln, die am Ende nach mehr aussehen als sie wirklich sind.

Vor allem aber kann man seine Werke per Fingerzeig auf Portale wie YouTube oder Facebook hochladen. Angesichts der Tatsache, dass Apple die "iMovie"-App für nur 3,99 Euro verkauft, stellt sich die Frage, warum die Software nicht auf jedem iPad 2 vorinstalliert wird.

Instant-Lagerfeuerromantik mit "Garageband"

Wie "iMovie" hat auch das Musikprogramm "Garageband" ein Vorbild auf dem Mac, auch diese App kostet 3,99 Euro, auch diese App sollte eigentlich vorinstalliert sein. Denn "Garageband" ist etwas für jeden iPad- und iPad-2-Besitzer - man muss kein Instrument spielen, um damit Musik zu machen. Das ist das Besondere an "Garageband" auf dem iPad: Damit können auch Leute Musik machen, die eigentlich vollkommen unmusikalisch sind.

Die Entwickler haben nahezu jedes Instrument, das "Garageband" anbietet, mit Spielhilfen und Automatikfunktionen versehen, die sich in verschiedene Stufen einschalten lassen. Anhand der akustischen Gitarre lässt sich das leicht nachvollziehen. Wer will und kann, bekommt zum Gitarrespielen einen Gitarrenhals samt Saiten angezeigt. Töne und Akkorde erzeugt man, indem man die virtuellen Saiten an den entsprechenden Stellen auf dem Griffbrett niederdrückt. Das ist zwar reichlich ungewohnt und zum Spielen von Akkorden nicht gerade praktisch, aber es lässt sich trotzdem recht ordentlich benutzen.

Per Fingertipp auf "Skala" schaltet man sich die erste Erleichterung dazu. Man wählt bestimmte Skalen aus, also Tonumfänge, die der Musik einen bestimmten Charakter geben. "Moll" und "Dur" sind Beispiele für solche Skalen. Noch einfacher wird es, wenn man vom "Notes"-Modus in den "Chords"-Modus umschaltet. Dann nämlich wird das Griffbrett in die zu einer Tonart (zum Beispiel E-Moll) passenden Akkorde aufgeteilt, so dass ein Fingertipp ausreicht, um den jeweiligen Vielklang anzustimmen. In Kombination mit einem batteriebetriebenen Aktivlautsprecher wird das iPad damit zur Wandergitarre für kuschelige Abende am Lagerfeuer.

Per Fingertipp Schlagzeugrhythmen einklopfen

Und wenn einem dabei dann doch die Finger kalt werden oder man zwischendurch ein Kaltgetränk zu sich nehmen möchte, schaltet man auf "Autoplay". Dann spielt das iPad beeindruckende Akkordfolgen - fast wie von selbst und es reicht schon aus, gelegentlich mit dem Finger den Grundton zu wechseln.

Neben den derart halb- bis vollautomatisch spielenden Musikinstrumenten Smart Bass, Smart Drums, Smart Keyboard und Smart Guitar bietet "Garageband" aber auch Musikern, die wissen, dass ein Notenschlüssel keine Türen öffnet, reichlich Möglichkeiten. Sie können auf einer virtuellen Klaviatur Piano, Orgel oder Synthesizer spielen und per Fingertipp Schlagzeugrhythmen einklopfen. Beeindruckend: Über die Beschleunigungssensoren erkennt die Software, wie stark und schnell man die Töne anschlägt. Die Software ändert Lautstärke und Klangfarbe entsprechend.

Glücklicherweise lassen sich neben all diesen virtuellen auch echte Musikinstrumente in "Garageband" einspielen. Für Gitarristen etwa stehen neun verschiedene virtuelle Gitarrenverstärker samt einiger Effektgeräte bereit, Sänger können ihre Texte über das iPad-Mikrofon ins Tablet trällern. Mehr Spaß als ernsthaftes Musikinstrument ist der Sampler. Er lässt Töne, Worte und Geräusche, die man mit dem iPad aufnimmt, via Klaviatur in beliebiger Tonhöhe abspielen.

Das Sahnehäubchen bei all diesen Spielereien ist der Achtspur-Rekorder, mit dem man ganze Lieder aufnehmen, verändern und am Ende auf den Computer übertragen kann. Mit den Funktionen einer professionellen Musiksoftware kann der zwar bei weitem nicht mithalten, doch der iPad-Rekorder hat alles, was man braucht, um Songs oder auch nur musikalische Ideen festzuhalten und mit ein wenig Goldstaub in Form der richtigen Abmischung und ein wenig Hall und Echo zu versehen.

Fazit - Das iPad 2 ist die mobile Spielkonsole schlechthin

Am Ende bleibt dieser Eindruck: Um den Platz als Tablet-Marktführer zu verteidigen, hätte es fast schon ausgereicht, wenn Apple seine beiden neuen Vorzeige-Apps herausgebracht hätte. Vor allem "Garageband" macht enorm viel Spaß und bietet ein phantastisches Preis- Leistungsverhältnis. Ob man dafür unbedingt die neue Hardware braucht, ist eine andere Frage.

Fraglos ist das neue iPad schöner, weil schlanker als sein Vorgänger. Ebenso fraglos sind die magnetisch angehefteten Smart Cover ein echter Fortschritt, auch wenn sie das Versprechen, den Bildschirm dank Microfaser-Beschichtung sauber zu halten, nicht wirklich erfüllen können. Der Bildschirm scheint nahezu derselbe zu sein wie beim ersten iPad. Das schadet nicht, das bestätigen auch die Messungen von Chip.de : Den Tests zufolge leuchtet der neue Bildschirm sehr hell, er liefert klasse Kontraste, spiegelt aber leider auch ebenso stark wie der des Ur-iPad.

Die zusätzliche Leistung des iPad 2 mit seinem neuen Apple-A5-Prozessor reizt dagegen bisher noch keine App wirklich aus. "iMovie", "Garageband" und "Infinity Blade" geben bestenfalls einen Ausblick auf das, was da noch kommen wird. Vor allem Spielehersteller dürften ihren Spaß daran haben, ihre Games mit aufwendiger Grafik und besserem Sound aufzumotzen - oder gleich ganz neue Spiele zu entwickeln.

Seinen Platz als mobile Spielkonsole jedenfalls kann das iPad in der Neuauflage locker verteidigen und dürfte sich dank HDMI-Adapter jetzt auch zur Spielkonsole fürs Wohnzimmer mausern. Für die meisten ernsthaften Anwendungen, Textverarbeitung und Tabellenkalkulation beispielsweise, ist es übermotorisiert.

Der Konkurrenz jedenfalls macht es Apple mit der Neuauflage nicht leichter. Zwar können Geräte wie Motorolas Xoom oder Samsungs Galaxy Tabs es technisch mit dem iPad 2 aufnehmen, die Auswahl an Tablet-Apps für deren Android-3.0-Betriebssystem ist aber noch ausgesprochen begrenzt. Zudem sind die neuen Vorzeige-Androiden bis heute immer noch nicht in Deutschland erhältlich. Die Android-Konkurrenz lässt Apple also erneut den Vortritt und erlaubt es dem Konzern, den Markt weiterhin fast im Alleingang zu beackern.