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Software-Laden Amazon öffnet Appstore - Apple klagt

Kaum da, schon wieder weg: In der Nacht zum Dienstag hatte Amazon einen Software-Shop für Android-Handys ins Netz gestellt. Name das neuen Angebots: Appstore. Am Morgen war der Software-Laden schon wieder offline. Apple hatte gegen das Angebot des Online-Versandhauses geklagt.
Amazon-Website auf einem Tablet-PC: Der Versandhändler steigt in den App-Handel ein

Amazon-Website auf einem Tablet-PC: Der Versandhändler steigt in den App-Handel ein

Foto: Armin Weigel/ dpa

Das Angebot klingt verlockend: Jeden Tag gibt's ein Geschenk. So hat es zumindest der Online-Versender Amazon für seinen Appstore angekündigt. Über den neuen Online-Shop will das Unternehmen Apps für Android- Smartphones anbieten. Das Alternativangebot zum Android Marketplace, über den sich die meisten Android-Nutzer bisher mit Software für ihre Handys versorgen, soll Kunden schmackhaft gemacht werden, indem dort jeden Tag eine App kostenlos zu bekommen ist, die normalerweise Geld kostet. Den Anfang machte das populäre Handyspiel "Angry Birds Rio" - allerdings offenbar nur für kurze Zeit. Denn seit neun Uhr am Dienstagmorgen deutscher Zeit ist das Angebot nicht mehr erreichbar - möglicherweise aufgrund einer Klage von Apple.

Dass wegen des Appstores Ärger ins Haus steht, hatte sich schon im Januar abgezeichnet, als Amazon die Einführung des Angebots ankündigte. Der Online-Händler meldete, seinen Softwareshop als " Amazon Appstore " zu vermarkten. Den Begriff "App Store" allerdings hat sich Apple bereits 2008 als Handelsmarke schützen lassen. Dass Amazon diesen Begriff nun ohne Leerzeichen und in einem Wort nutzt, hat Apple nicht davon abgehalten, gegen die Nutzung durch Amazon vorzugehen. Apple-Pressesprecherin Kristin Huguet erklärte gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg: "Wir haben Amazon gebeten, den Namen 'App Store' nicht zu kopieren, weil er Kunden verwirren und in die Irre führen würde".

Wie das " Wall Street Journal " berichtet, haben Apple-Anwälte am Freitag vor Gericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Amazon eingereicht, verbunden mit nicht spezifizierten Schadensersatzforderungen. Apples Argument: Für Nutzer von Amazons Appstore könnte unklar sein, "ob das Download-Angebot von Apple gesponsert oder anerkannt ist". Wie es scheint, haben sie die Richter damit überzeugen können. Am Dienstagmorgen jedenfalls war der Shop plötzlich und ohne Hinweis seitens Amazon nicht mehr erreichbar. Eine Nachfrage von SPIEGEL ONLINE, ob es sich dabei um ein technisches Problem handelt oder um eine Reaktion auf Apples Klage, hat der Konzern bis zum späten Dienstagvormittag nicht beantwortet.

Kampf um neue Pfründe

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Großunternehmen zeigt einen neuen Konflikt auf. Das Versandhaus und der Computerhersteller stehen sich auf neuem Terrain gegenüber. Beide haben in den vergangen Jahren ihre ursprünglichen Arbeitsbereiche erweitert und sind zu Anbietern für digitale Inhalte im Internet geworden. Während Apple über seine iTunes-Software nicht mehr nur Musik und Filme, sondern längst auch Bücher und Apps anbietet, verkauft Amazon über seinen Web-Shop schon lange nicht mehr nur Bücher und Elektronikartikel, sondern auch MP3-Musik und E-Books. In den USA können sogenannte "Prime"-Mitglieder sich seit einiger Zeit auch Filme und TV-Serien auf den Computer senden lassen.

Dass Amazon nun auch in den Vertrieb von Handy-Software einsteigen will, liegt nahe. Dass die Wahl dabei auf Android-Apps fiel ebenso. Anders als Apples iOS ist Googles Android ein offenes System, für das grundsätzlich jeder Anwendungen anbieten kann. Amazon will mit seinem Angebot einige von Kritikern immer wieder aufgeführte Nachteile des Android Markets beheben. So soll der Appstore bei Amazon besser gegliedert sein, so dass Anwender es leichter haben, passende Apps zu finden. Zudem soll man Apps vor dem Kauf testen können. Dazu wird im Web-Browser ein virtuelles Android-Handy geöffnet, in dem die Software läuft. Zum Start sind 3800 Apps in Amazons Katalog enthalten.

Auch Microsoft mischt mit

Entwickler müssen für diese Dienstleistungen bei Amazon einmal 99 Dollar Mitgliedsgebühr zahlen. Zudem kassiert Amazon 30 Prozent der Einnahmen aus dem App-Verkauf, genau wie Apple.

Abzuwarten bleibt nun, wie Amazon reagiert. Im Grunde könnte es schon ausreichen, den Software-Shop umzubenennen. Mit einer solchen Taktik wollen sich allerdings nicht alle Mitbewerber des iPhone-Konzerns begnügen. Microsoft, dessen Handy-Software-Angebot unter dem Titel "Windows Marketplace for Mobile" firmiert, hatte eine Beschwerde gegen die Vergabe der Handelsmarke "App Store" eingelegt. Die Begründung: Der Begriff sei zu allgemein gefasst.

Nachtrag: Seit Dienstagmittag deutscher Zeit ist der Amazon Appstore  wieder erreichbar. Ein Zusammenhang des zeitweiligen Ausfalls mit Apples Antrag auf eine Einstweilige Verfügung dürfte demnach nicht bestehen. Vielmehr liegt ein technisches Problem als Ursache nahe. Amazon selbst hat sich dazu bis zum Mittag weder über den offiziellen Twitterkanal geäußert noch auf eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE reagiert.

mak