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"Stoiber-Tochter schrieb ganze Kapitel bei mir ab"

Stoiber-Tochter mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert Stoiber-Tochter mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert
Veronica Saß mit ihrem Vater Edmund Stoiber im Münchener Hofbräukeller. Die Juristin muss sich gegen Plagiatsvorwürfe wehren
Quelle: dapd
Die Wirtschaftsanwältin Tanja Eisenblätter erhebt schwere Vorwürfe gegen Veronica Saß. Die Tochter von Edmund Stoiber habe ganze Seiten ihrer Doktorarbeit abgetippt.

Der Guttenberg, sagt Tanja Eisenblätter, der war ja im Grunde noch schlau. Das, was die Stoiber-Tochter Veronica Saß getan hat, sei im Vergleich mit dem Vorgehen des ehemaligen Verteidigungsministers dagegen so dumm, dass man sich nur noch wundern könne.

Nicht nur ein paar Absätze, nein, ein ganzes Kapitel inklusive aller Fußnoten hat die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber in ihrer Doktorarbeit offenbar von der Hamburger Juristin Eisenblätter abgeschrieben.

Erst vor ein paar Tagen ist die Anwältin für Wirtschaftsrecht aus einer Hamburger Großkanzlei auf den dreisten Diebstahl aufmerksam geworden. „Ich wurde durch einen Kollegen auf einen Eintrag auf der Internetplattform VroniPlag hingewiesen, die die Arbeit von Frau Saß auf Plagiate untersucht“, sagte Eisenblätter "Welt Online“. „Dort war die Rede von einer Seite, die wahrscheinlich aus meiner Arbeit abgeschrieben worden sei.“

Eisenblätter sah sich die Saß-Arbeit genauer an und musste schließlich feststellen, „dass Frau Saß in ihrer Dissertation ab Seite 49 bis Seite 61 Wort für Wort bei mir abgeschrieben hat“. Jedes einzelne Wort, jeden Satz, selbst die Fußnotentexte habe die Bayerin eins zu eins übernommen, ohne auf die wahre Autorin hinzuweisen – und das trotz offenbar erschwerter Bedingungen.

Sie musste offenbar alles abtippen

„Meine Dissertation ist nicht online erhältlich, weshalb Frau Saß jedes Wort abtippen musste, copy und paste funktionierte nicht“, sagt Eisenblätter, die im Jahr 2000 bei dem renommierten Staatsrechtler und früheren Innenminister von Schleswig-Holstein, Hans Peter Bull (SPD), in Hamburg promovierte. Ihr Thema: „Regulierung in der Telekommunikation“.

Acht Jahre später reichte Veronica Saß, Tochter des CSU-Politikers Stoiber, an der Universität Konstanz ihre Doktorarbeit ein. Titel: „Regulierung im Mobilfunk“. Das fast identische Thema nutzte Saß offenbar, um sich schamlos bei der Hamburger Fachkollegin zu bedienen. Das belegen auch die Auszüge der Arbeiten, die "Welt Online“ vorliegen.

„Ich habe bei der Durchsicht zunächst begonnen, die entsprechenden Sätze in meiner Arbeit und bei Frau Saß mit einem Textmarker zu markieren“, erzählt Tanja Eisenblätter. „Aber der war irgendwann leer, weil es einfach zu viel war.“ Es gehe tatsächlich nicht um einzelne Passagen, sondern um ganze Kapitel.

Uni Konstanz hält sich bedeckt

„Ich habe an die Uni Konstanz gemailt und auf die übereinstimmenden Passagen hingewiesen“, so Eisenblätter. Nun warte sie auf das Ergebnis der dort laufenden Untersuchung. Ob sie etwas gegen Frau Saß unternehme, wisse sie noch nicht. „Ich bin auch nicht verärgert, sondern in erster Linie überrascht, wie man so plump vorgehen kann.“ Natürlich könne sie nun Strafantrag stellen, sagt Eisenblätter. Auch sei es möglich, zivilrechtlich gegen die Stoiber-Tochter vorzugehen. Aber sie habe sich noch nicht entschieden, ob das sinnvoll sei.

Die Universität Konstanz hält sich in der Sache derweil bedeckt. Nicht einmal offiziell bestätigen mag sie den Plagiatsverdacht gegen Veronica Saß. Ja, es gebe zwar einen Verdachtsfall an der Universität, sagt Sprecherin Julia Wandt. Aber den Namen der betroffenen Person könne man nicht nennen, da es sich nicht um eine Persönlichkeit öffentlichen Interesses handle.

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So oder so habe die Untersuchung für die Universität eine hohe Priorität, sagt Wandt. Die Gutachter hätten ihr Urteil bereits abgegeben, nun erwarte man eine Stellungnahme der betroffenen Person. Saß selbst, die in einer Münchner Kanzlei arbeitet, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Es geht um Anstand

Tanja Eisenblätter ist bei all dem vor allem wichtig, dass man angesichts der Häufung ähnlicher Fälle nun nicht alle Doktoranden und Promovierten in Deutschland unter Generalverdacht stellt. So ein Fall sei ganz sicher die Ausnahme, glaubt sie.

Auch dürfe man nicht den Universitäten oder Doktorvätern große Mitschuld geben – schließlich gehe es in erster Linie um den Anstand der Doktoranden, so Eisenblätter. „Man gibt schließlich auch nicht dem Supermarkt die Schuld, wenn er beklaut wird.“

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