Schalke hatte wieder einen miesen Start. Borussia Dortmund setzt seine Siegesserie fort. Und Eric Kearney hat Freude daran, seine Arbeit mit Beispielen aus dem Fußball zu illustrieren. "Da können Sie jedes Wochenende sehen, welche Bedeutung Koordination und Management für den Erfolg eines Teams haben", sagt er und breitet die Arme aus wie ein Torwart. "Stürmer schießen Tore, das Mittelfeld schafft ihnen Raum, die Verteidigung verhindert Gegentore. Und der Trainer stellt die Mannschaft zusammen und führt Regie. Jeder steuert seinen Anteil zum Ganzen bei."

Kearney lehrt als Psychologe und Wirtschaftswissenschaftler an der privaten Gisma Business School und an der Universität in Hannover. In seiner Freizeit schaut er gern Fußball, in seinem Arbeitsalltag studiert er das weitaus komplexere Zusammenspiel von Spezialisten in Hightechunternehmen, Forschungslabors und Entwicklungsabteilungen. Sein Thema: Wie muss Teamarbeit organisiert sein, um ein Unternehmen innovativ und erfolgreich zu machen?

Eine Windschutzscheibe, die sich von selber reinigt. Ein Klebstoff, der auch nach hundert Kilometern Vollgas ein Etikett auf dem glühend heißen Motorblock hält. Eine Glasfläche, die auf zartestes Tupfen und Streichen reagiert und den Benutzer durch das Menü eines Smartphones leitet – für den amerikanischen Konzern 3M sind Erfindung und Entwicklung ein Rohstoff. Die Grundlage des Geschäfts. 75.000 Mitarbeiter weltweit sind daran beteiligt, 4800 von ihnen in Deutschland. "Es ist ein Wettrennen, bei dem wir immer eine Nasenlänge Vorsprung haben wollen", sagt Jürgen Klingen, der das zentrale Entwicklungslabor des Unternehmens in Neuss leitet. Zu gewinnen ist das Rennen nur in Zusammenarbeit.

Um eine Schmutz abweisende Beschichtung für Alufelgen bei Sportwagen zu entwickeln, reisen senior specialists, erfahrene, altgediente Chemiker, aus der Niederlassung in Antwerpen nach Neuss. Sie kennen den Laden. Sie wissen, was möglich ist und was nicht. Frisch promovierte Wissenschaftler bringen jüngste Resultate der Forschung ein. Im Labor fließt beides zusammen. Einkauf und Produktion sind schon an der Planung beteiligt, Kollegen aus Marketing und Design steuern ihre Erfahrungen bei. "Innovation geht über den kreativen Geistesblitz hinaus, der einem Einzelnen morgens unter der Dusche kommen mag", erläutert Kearney. "Sie umfasst auch die Umsetzung einer Idee zu einem fertigen Produkt oder einer Dienstleistung."

Das Felgen-Team bei 3M entwickelt Vorschläge, erprobt Alternativen, verändert, verwirft oder akzeptiert sie. Irgendwann kommt einer auf den Gedanken, dass eine Beschichtung gegen heißen und klebrigen Bremsstaub doch auch die Abfallcontainer bei der Bahn schützen könnte. Graffiti sind dort ein schwer zu kontrollierendes Ärgernis. Und plötzlich tun sich ganz neue Märkte auf. Allein in Deutschland gibt es 5400 Bahnhöfe.

Hierarchien und Konkurrenz hemmen den freien Ideenfluss

"Ein innovatives Team besteht aus Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen und verschiedenen Hintergründen", sagt Kearney. Das ist wie beim Fußball. Und wie beim Fußball ist der Erfolg abhängig von der Koordination und den Bedingungen. Erste Voraussetzung dafür ist die Sicherheit eines festen Vertrages für alle Teammitglieder. "Wer sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz macht", sagt der Psychologe, "dem fällt es schwer, sich wirklich zu engagieren."

Zweitens müssen die Mitglieder eines Teams auf gleicher Stufe stehen. Hierarchie und Konkurrenz hemmen den freien Fluss von Ideen. Und wenn ein persönlicher Bonus winkt, werden Teamarbeiter schnell zu Einzelkämpfern. "Würden Fußballspieler nur danach bezahlt, wie viele Tore sie schießen, ginge der Torwart leer aus", erläutert Kearney. "Und die Stürmer würden sich im Strafraum des Gegners den Ball gegenseitig von den Fußspitzen jagen. Das wäre dumm." Er empfiehlt, die ganze Gruppe zu belohnen.