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Ein Leben für Apple: Die Erfolge im Schattenreich des Steve Jobs

Foto: Jeff Chiu/ ASSOCIATED PRESS

Zehn Wahrheiten von Pamela Kerwin "Steve Jobs spürt, was cool sein wird"

Steve Jobs gilt als visionäres Genie - und als misstrauischer Egomane, der seine Firma wie eine Sekte führt: Es ist schwierig, mit Weggefährten über den Apple-Chef zu sprechen. Pamela Kerwin arbeitete jahrelang an Jobs' Seite. Klaus Brinkbäumer hat ihr zehn Wahrheiten entlockt.

Frau Kerwin, können große Manager nette Menschen sein?

1. "Natürlich, aber müssen sie? Steve Jobs ist wie alle Genies. Wer sagt denn, dass Mozart ein guter Mensch war? Ja, Steve kann rau oder geringschätzig sein."

Aber darum geht es nicht?

2. "Er ist ein Visionär. Andere Manager wollen Geld, Macht, aber er wird von der großen Idee getrieben. Er hat die Fähigkeit, herausragende Technologie zu gebären, und es geht ihm nie um kleine Schritte - er will, dass das, was er macht, einen massiven Einfluss auf die ganze Welt hat."

Als Pamela Kerwin und Steve Jobs sich zum ersten Mal begegneten, 1989, war sie Vizepräsidentin für Marketing bei Pixar und Jobs ein Mann ohne Ziel. Apple, das Unternehmen, das sein Lebenswerk ist, hatte einen anderen zum Chef gemacht. Jobs war gegangen, hatte für zehn Millionen Dollar von Lucasfilm die Abteilung für computergenerierte Spezialeffekte übernommen und daraus die Firma Pixar gemacht.

Ein trauriger Mann?

3. "Ja. Steve ist ein Hardware-Typ, wir haben mit Trickfilmen, 3-D-Animationen und solchen Sachen gespielt. Wir bei Pixar waren der falsche Laden für ihn."

Ein Aufgeber?

4. "Machen Sie Witze? Vielleicht ist er als Kleinkind auf den Kopf gefallen, und dadurch wurden Gegenden seines Gehirns aktiviert, die bei uns anderen schlafen. Er ist getrieben und besessen, und er hört nicht auf. Und Steve fühlt, was Leute wollen."

Jobs' Stärken?

5. "Er fühlt nicht, was heute cool ist, er fühlt, was cool sein wird. Dann hetzt er Leute, motiviert Leute, und manche gehen, aber die Besten bleiben. Er bringt die Besten dazu, das Bestmögliche zu leisten, weniger würde er nicht annehmen. Und er ist gnadenlos kompromisslos. Sehen Sie sich das iPhone an: Wie viele Leute sagten, es braucht mehr Knöpfe, es braucht eine Batterie, die man wechseln kann? Alle sagten das. Aber er denkt: Nein, das ist nicht verbraucherfreundlich. Und natürlich hatte er all diese Klarheit auch damals."

Pamela Kerwin ist heute eine Computerunternehmerin, die daran arbeitet, dass Telefone noch schlauer werden, also zum Beispiel Dinge erkennen und erklären, die die integrierte Kamera entdeckt. Sie ist blond, trägt Brille und einen schwarzen Pullover, sie sitzt im Kellerbüro ihres Hauses in Mill Valley, Kalifornien, weiß sind die Wände. Damals aber war sie bei Pixar, und Pixar, Ende der 70er Jahre als Sparte von George Lucas' Filmimperium gegründet, war noch nicht eines der erfolgreichsten Studios der Filmgeschichte, sondern eine von vielen hundert Start-up-Firmen in Kalifornien. Es gab eine Idee, eine Handvoll begabter Leute, Partys, Bierfässer, Affären und viel Arbeit. The grand old times. Es gab diese Unsicherheit: Schaffen wir es zu überleben?

Was wollte Steve Jobs eigentlich mit Pixar?

6. "Das ganze Silicon Valley sagte damals, dass er bei Pixar sein Geld versenken würde, er sah etwas, was niemand sonst sah. Ich denke, man könnte das Mut nennen. Er stellte dann vor allem Leute mit ausgeprägter linker Hirnhälfte ein, Analytiker, Rechner. Letztlich begriff er nicht, was wir eigentlich taten, wahrscheinlich schützte uns das vor ihm."

Und vor seinen Launen, den Wutausbrüchen, all seiner Schärfe?

7. "Ja, denn Steve konnte sehr launisch sein. Aggressiv. Aber er konnte und kann eben auch mit den Haien schwimmen, und wir konnten es nicht. Für alles, was er zu verkaufen hatte, wollte Steve zehn Millionen Dollar, immer zehn Millionen, auch wenn es keine zehn Millionen wert war."

Seine Schwächen?

8. "Er ist nicht besonders gut darin, Geschäfte mit anderen bedeutenden Managern zu machen, weil dann Ego gegen Ego steht, und Steve geht niemals auch nur einen Schritt zurück. Manchmal hat er mit schlechter Laune monatelange Verhandlungen zerstört - einfach weil er im Gespräch unausstehlich war und die Gesprächspartner aufstanden und gingen."

Verkaufen kann Jobs aber ganz gut?

9. "Wenn er in Jeans und schwarzem Pullover bei diesen Präsentationen wie ein Messias Produkte an Kunden verkauft, dann ist er ein brillanter Showman. Dann stört ein großes Ego nicht. Ein Showmaster braucht ein großes Ego."

Damals begann die Pixar-Erfolgsstory.

Bewegte Bilder wurden zu Kurzfilmen wurden zu Kinofilmen. Das Drehbuch zu "Toy Story" entstand, Jobs bereitete den Börsengang vor. "Das ganze Silicon Valley sagte damals, dass das nicht funktionieren könne, dass eine Firma, die noch keinen Dollar Gewinn gemacht habe, an die Börse geht", sagt Kerwin. Doch es ging. "Toy Story" kam heraus. Viele Jahre später folgte "Findet Nemo".

Vor etwa zehn Jahren war Apple fünf Milliarden Dollar wert, heute sind es über 240 Milliarden. Jobs trifft sich mit Bono, dem Sänger, und 2006 bezahlte Disney 7,4 Milliarden Dollar in Aktien für Pixar, Pamela Kerwins einstige Klitsche.

Hat Jobs bei Pixar verstanden, was er nach seiner Rückkehr zu Apple dort aufbaute: wie bewegte Bilder und Musik und Kommunikationsmaschinen vernetzt werden können?

10. "Ja, da bin ich sicher. Er saugte Ideen auf, traf Leute wie Steven Spielberg, die ihm neue Welten eröffneten. Ich glaube, dass es ein Grundstein für all das war, was iTunes und iPod und iPad einmal leisten würden."