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Konzepte für die Luftfahrt (September 2010): Flugzeuge der Zukunft

Luftfahrt Kaulquappe der Lüfte

Wie fliegen wir im Jahr 2050? Ingenieure von Airbus schmieden Pläne für das Flugzeug der Zukunft.

Wie von Geisterhand löst sich das Flugzeug in Luft auf. Erst verschwindet das Kabinendach, dann der Boden unter den Füßen. Von einem Moment zum anderen haben die Passagiere das Gefühl, jeden Halt zu verlieren.

Doch die über 300 Männer und Frauen an Bord fallen nicht vom Himmel. Entspannt düsen die Reisenden weiter durch die Wolken.

Wenn sie während des Fluges den Kopf heben, blicken sie auf das Sternenmeer der Milchstraße. Und wenn sie nach unten schauen, sehen sie die funkelnden Lichter der Megastädte.

Bislang ist ein solches durchsichtiges Flugzeug noch eine Technikvision. Seine Außenhülle könnte aus einer futuristischen Spezialkeramik bestehen. Per Knopfdruck fließt ein elektrischer Strom, der die Substanz transparent werden lässt.

"In so einer Maschine würden Reisende das Fliegen vollkommen neu erleben", schwärmt Axel Krein, 49, Forschungschef des europäischen Luftfahrtkonzerns Airbus. Entstanden ist die verrückt klingende Idee in einem von ihm zusammengestellten Spezialteam, das Pläne schmieden soll für das Flugzeug der Zukunft.

"Wir haben unseren Ingenieuren gesagt, lasst eurer Phantasie einfach mal freien Lauf. Was dabei herausgekommen ist, sind durchaus realistische Visionen über das Fliegen im Jahr 2050 - schließlich stehen unsere Leute mit beiden Beinen fest im Leben. Und die meisten dafür notwendigen Technologien existieren bereits."

Aus heutiger Sicht klingen manche der Ideen für das "Concept Plane" dennoch so utopisch, als hätte sie ein Nachfahre von Jules Verne ersonnen. So denken die Airbus-Ingenieure auch über eine Außenhaut nach, die sich selbst repariert.

"Beinahe ein lebender Organismus"

Sobald Sensoren irgendwo in der Hülle einen Haarriss erkennen, platzen mikroskopisch kleine Nanokapseln. Sie setzen einen Hightech-Kleber frei, der das Leck verschließt. Krein: "Auf diese Weise verwandelt sich das Flugzeug beinahe schon in einen lebenden Organismus."

Nach den Vorstellungen der Airbus-Entwickler soll das Fliegen in Zukunft zudem eine äußerst saubere Angelegenheit sein. Nanomaterialien sorgen dafür, dass sich die Flugzeugsitze von selbst reinigen. Das wäre viel hygienischer als der heutige Einsatz von Putzkolonnen - und vor allem billiger. "Jeder Fluggast", sagt Krein, "hat künftig das Gefühl, in einer neuen Maschine zu sitzen, die gerade zu ihrem Jungfernflug startet."

Zum weiteren Komfort der Passagiere könnten Anti-Turbulenz-Sensoren beitragen. Im Voraus erkennen die Detektoren, dass ein übles Luftloch lauert. Vollautomatisch steuert die Maschine dann gegen die Turbulenz, ohne Zutun der Piloten. Sanft gleiten die Reisenden weiter durch die Lüfte.

Als wichtigstes Ziel sehen es die Ingenieure indes an, den Spritverbrauch und den Fluglärm zu verringern. Um dies zu erreichen, schwebt den Airbus-Entwicklern eine Revolution im Flugzeugbau vor: Die Triebwerke sollen von den Tragflächen verschwinden und stattdessen fest mit dem Rumpf verschmelzen. Aerodynamischer als heute geformt und von dem gebogenen Leitwerk eingerahmt, machen die Motoren das Flugzeug sehr viel windschnittiger - und der Fluglärm strahlt weitgehend nach oben ab.

Krein: "Von den lauten Triebwerksgeräuschen kriegen die Fluggäste kaum noch etwas mit - und die Menschen am Boden ebenfalls nicht."

"Nahezu wartungsfreie Triebwerke"

Die Konstruktion hat nur einen Nachteil: Die Jet-Motoren sind kaum noch zugänglich, eine häufige Wartung ist praktisch unmöglich. "Wir gehen aber davon aus", erläutert Airbus-Ingenieur Krein, "dass wir im Jahr 2050 ohnehin nahezu wartungsfreie Triebwerke im Einsatz haben werden."

Viel Kraftstoff ließe sich auch durch eine ungewöhnliche Form des Rumpfes einsparen. Das "Concept Plane" von Airbus sieht aus wie eine fliegende Kaulquappe. Neben den Flügeln sorgt der Rumpf dadurch für zusätzlichen Auftrieb. Dem gleichen Ziel dient es, die Tragflächen länger und schmaler zu konstruieren.

Wenn es nach den Airbus-Ingenieuren geht, könnten in Zukunft aber auch die Passagiere selbst ihren Beitrag zum Spritsparen leisten - ohne davon überhaupt etwas mitzukriegen.

Und das geht wie folgt: Die von den Reisenden abgestrahlte Wärme wird aufgefangen und über Wärmetauscher in die Bordsysteme eingespeist.

Für eine Nutzung von Körperwärme gibt es ein jahrhundertealtes Vorbild. Von jeher diente die Abwärme von Kuhställen dazu, Bauernhäuser zu heizen.