Ivi TV Web-Sender verklagt Medienkonzerne

Das Start-up Ivi TV sieht sich durch eine Gesetzeslücke geschützt, die das Recht auf die Online-Verbreitung von TV-Programmen zusichert. Vor Gericht wollen die Jungunternehmer sich ihr Geschäft nun bestätigen lassen.

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Fernsehgeräte mit Webzugang werden die

DÜSSELDORF. Ein Start-up aus Seattle im US-Bundesstaat Washington legt sich quasi vorsorglich vor Gericht mit der TV-Industrie im größten Fernsehmarkt der Welt an. Die Gründer von dem Web-TV-Sender Ivi TV wollen sich per Gericht die Rechtmäßigkeit ihres Geschäftsmodells bestätigen lassen, um die TV-Sender davon abzuhalten, sie zu verklagen. Anders als Kabelnetzbetreiber wollen sie unter Berufung auf eine Gesetzeslücke keine Gebühren für die Nutzung eines TV-Signals an die Sender bezahlen.

Wenn die Rebellen siegen, wird im TV-Markt in den USA nichts mehr so sein, wie es einmal war. Dann hätten die Networks die Hoheit über ihren Programmvertrieb verloren. Große Wiederverkäufer wie Comcast dürften dann ebenfalls eine Befreiung von den Millionenzahlungen für die Signaleinspeisungen verlangen. Heute müssen sie zahlen, bevor sie ihrerseits Programmpakete schnüren und an ihre Kunden verkaufen dürfen.

Der nächste Schritt im Web-TV

Ivi TV liefert seit vergangener Woche dieselben populären TV-Programme wie die Kabelanbieter, nur per Web als Zweitverwertung. Lediglich Urheberrechtsabgaben für die Inhalte wie Talkshows oder Football-Spiele wollen die TV-Frischlinge bezahlen. "Für uns gelten die einschlägigen Gesetze nicht", behauptet Gründer Todd Weaver keck. Da man ausschließlich im Internet agiere, unterliege man nicht der Aufsicht durch die Telekommunikationsbehörde FCC (Federal Communication Commission). Die Jungunternehmer berufen sich außerdem auf eine Gesetzeslücke im Digital Millennium Copyright Act, dem digitalen Urheberrecht in den USA, das die Weiterverwendung von TV-Signalen online ausdrücklich erlaube.

Ivi TV überträgt mit seiner PC-Software gegen eine Monatsgebühr von fünf Dollar Highlights wie die NFL (die National Football League), TV-Serien oder Talkshows. Am Wochenende hatten die Networks Ivi TV aufgefordert, die Inhalte sofort aus dem Netz zu nehmen. Ivi TV ging daraufhin zum Bezirksgericht in Seattle.

Der Fall hat mehr als nur eine rechtliche Facette, so Nikolaus Mohr, Medienexperte bei der internationalen Beratungsgesellschaft Accenture: "Solche ?Over-the-Top?-Angebote, also Bewegtbilder, die über unkontrollierte Zugänge an Sendern und Netzbetreibern vorbei den Weg ins Wohnzimmer finden, werden zunehmen. Die Tatsache, dass jedes TV-Gerät einen Web-Zugang bekommt, fördert das nur." Noch im Herbst wird Google seinen TV-Service mit Zugang zum Web auf Sony-TV-Geräten starten. Der direkte Weg auf das TV-Gerät wäre offen für Anbieter wie Ivi TV. "Pay-TV-Sender oder Telekom-Konzerne müssen ihre Vertriebswege überarbeiten und solche Dienste integrieren", warnt Mohr. Sonst würden sie unter Druck kommen.

"Der Trend ist nicht aufzuhalten"

Denn "im Kern" gehe es schlicht darum, die Kunden-Abos zu gewinnen. Die hat jetzt Ivi TV. "Selbst wenn Ivi TV unterliegen sollte", so Mohr, "irgendwann wird einer kommen, der es richtig macht. Der Trend ist nicht aufzuhalten."

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