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Bänderriss beim Kapitän: WM-Aus für Ballack

Foto: STR/ REUTERS

WM-Aus für DFB-Kapitän Foulspieler Boateng keilt gegen Ballack und Löw

Verbale Attacke von Kevin-Prince Boateng: Nach seinem folgenschweren Foul erhebt er schwere Vorwürfe gegen Michael Ballack - dieser habe ihn mit einer Schwalbe provoziert, außerdem habe er ihn geohrfeigt. Auch den DFB-Trainer Joachim Löw kritisiert der Deutsch-Ghanaer.

Hamburg - Millionen Deutsche sind wütend auf Kevin-Prince Boateng: Nach seinem brutalen Foul kann Michael Ballack nicht an der WM teilnehmen. Doch jetzt geht Boateng in die Gegenoffensive - er kritisert Ballack, Bundestrainer Joachim Löw und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) scharf. "Auf einem anderen Zettel als mein Foul steht seine (Ballacks) Ohrfeige. Von ihm habe ich nichts dazu gehört. Ich denke, eine Tätlichkeit ist schlimmer als ein Foul aus dem Spiel heraus", sagte Ghanas Nationalspieler in der "Sport Bild" und bezichtigte den deutschen Mannschaftsführer der groben Unsportlichkeit. Boateng betonte, er habe mit Ballack zuvor "noch nie" näher zu tun gehabt.

Während des englischen Pokalfinales zwischen dem FC Chelsea und dem FC Portsmouth (1:0) sei er kurz vor seinem folgenschweren Foul mit Ballack aneinandergeraten. "Warum lässt du dich einfach fallen, damit unser Spieler eine Karte bekommt? Warum provozierst du?", zitierte die "Sport Bild" eine Aussage Boatengs während der Partie. Daraufhin habe Ballack ihm einen "Wischer" mit der Hand verpasst.

"Ich habe ihn dann gefragt, was er sich denn rausnehmen würde, mir ins Gesicht zu langen", erklärte Boateng weiter. Drei Minuten später traf er im Mittelfeld den Deutschen mit einer Grätsche, die Folge war Ballacks WM-Aus. "Dafür kann ich mich nur entschuldigen", sagte der Deutsch-Ghanaer. Im Gegensatz zu Ballacks Aussage beteuerte er, sich schon auf dem Platz "zweimal" für das Foul bei dem Deutschen entschuldigt zu haben. "Das stimmt nicht", hatte Ballack dazu erklärt.

"Hätte ich beim DFB so etwas gemacht, wäre ich fristlos geflogen"

Allerdings erklärte Boateng, sein Foul habe nichts mit Ballacks Ohrfeige zu tun gehabt. "Bei 80.000 Fans denkt man nicht an Rache. Ich komme einfach zu spät und treffe ihn voll. Es sah dumm aus."

Boateng kritisierte auch den DFB. "Hätte ich beim DFB so etwas gemacht wie Ballack, wäre ich fristlos geflogen. Bei ihm wird noch nicht einmal darüber geredet. Unfassbar, wie da beurteilt wird", sagte Boateng. "Deswegen bin ich auch vom DFB weg und spiele nun für Ghana." Sein Halbbruder Jérôme, der für Deutschland spielt, sei für Bundestrainer Joachim Löw und den DFB immer "der nette Bruder" gewesen - "und ich der böse".

Dass Löw für das Boateng-Foul an Ballack die Rote Karte gefordert habe, erregt den 23-Jährigen ebenfalls. "Wenn ich das höre, sehe ich, wie mit zweierlei Maß gemessen wird", sagte Boateng. "Sein Kapitän darf jemanden ohrfeigen? Das war eine klare Tätlichkeit. Mich wundert so ein Verhalten eines DFB-Kapitäns."

Für Jérome Boateng, den Halbbruder von Kevin-Prince, war das Foul an Ballack "eine Rote Karte. Das ist dumm gelaufen, er trifft ihn voll", so Jérome Boateng am Mittwoch im Mannschaftshotel des DFB-Teams auf Sizilien. "Mir tut es leid für Michael, er ist ein guter Kapitän, geht immer voran", sagte der 21-Jährige und berichtete von einem persönlichen Gespräch mit Ballack in Sciacca: "Das war wichtig. Er hat gesagt, dass es mit mir nichts zu tun hat."

Ghanas Verband entschuldigt sich bei Ballack

Ghanas Verbandschef Kwesi Nyantakyi hat sich mittlerweile für das grobe Foul von Boateng entschuldigt. Teammanager Anthony Baffoe sagte dem "Kölner Express" im Namen des Verbandspräsidenten: "Es tut uns sehr leid, dass Michael Ballack an der WM nicht teilnehmen kann. Er hat in Ghana einen großen Namen. Wir wünschen ihm alles Gute und hoffen, dass er baldmöglichst wieder spielen kann." Ghana ist bei der WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) letzter deutscher Vorrundengegner. Baffoe ließ offen, ob Boateng gegen die DFB-Auswahl zum Einsatz kommen wird.

"Ob Kevin spielt oder nicht, entscheidet unser Trainer. Ich kann nur sagen, dass Kevin mit Sicherheit nicht wollte, dass Ballack so schwer verletzt wurde. Ich weiß nur, dass ihm das alles sehr leid tut", sagte Baffoe.

Klar scheint hingegen, dass Boateng in diesem Sommer vom Premier-League-Absteiger FC Portsmouth zum Londoner Erstligisten West Ham United wechseln soll. Die "Hammers" bemühen sich intensiv um eine Verpflichtung des 23-Jährigen und sind offenbar bereit, die geforderte Ablösesumme von umgerechnet 3,4 Millionen Euro zu zahlen, berichtet die "Sun". Gut möglich, dass Boateng in London seinen alten Trainer wiedertrifft. Portsmouth-Teammanager Avram Grant, früher Coach des FC Chelsea, gilt als Favorit für die Nachfolge des entlassenen Gianfranco Zola.

jar/sid/dpa