Krankenkassen schlagen wegen Krebsmitteln Alarm

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MedikamentenpreiseKrankenkassen schlagen wegen Krebsmitteln Alarm

Krebs wird oft mit zwei Arzneien zugleich behandelt. Das ist wirksamer, aber teurer und ruft die Kassen auf den Plan. Roche dagegen rechtfertigt seine Preise mit der «Ewigkeit».

I. Strassheim
von
I. Strassheim
Vorbereitung einer Infusion im Spital: Die Krebstherapien werden zunehmend teurer.

Vorbereitung einer Infusion im Spital: Die Krebstherapien werden zunehmend teurer.

Die Therapie einer bestimmten Art Brustkrebs kostet pro Patientin inzwischen mehr als 130'000 Franken – allein für die Medikamente. Nämlich für die zwei Roche-Mittel Herceptin und Perjeta, die zusammen eingesetzt werden. «Das ist ein wichtiges Thema für uns Krankenversicherer», sagt Gesundheitsökonom Guido Klaus von Helsana zu 20 Minuten. Denn: «Die Kombinationstherapien mit neuen teuren Krebsmedikamenten nehmen stark zu und dieser Trend wird sich so fortsetzen.»

Je spezieller und wirksamer die Medikamente werden, desto teurer sind sie: In den USA hat Merck das neue Hautkrebsmedikament Keytruda auf den Markt gebracht, das schon als Einzeltherapie rund 150'000 Dollar kostet. Wird dies zusätzlich mit einem weiteren Mittel kombiniert, steigen die Medikamentenkosten noch weiter. «In der Summe muss das günstiger werden, sonst ist das nicht mehr finanzierbar», sagt Gesundheitsökonom Klaus.

Pharmabranche erzielt die höchsten Renditen

Generell gehört die Rendite von Pharmafirmen auch nach Abzug der Kosten für Forschung und Entwicklung zu den höchsten aller Branchen. Und sie ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Während etwa der Technologiekonzern ABB eine operative Gewinnmarge von 13,5 Prozent erzielt, liegt sie bei Roche mit 37,2 Prozent fast dreimal so hoch: Von einem Franken Umsatz bleiben Roche 37,2 Rappen an Betriebsgewinn in der Kasse. Einige Finanzanalysten sprechen deswegen von «Margen im unethischen Bereich».

Roche-Chef Severin Schwan fand für die hohe Umsatzrendite der Pharmaindustrie kürzlich beinah biblische Worte: «Unsere Medikamente stehen der Menschheit auf alle Ewigkeit zur Verfügung», sagte er bei einem Medienanlass im Juli. Denn die Arznei könne als billiges Generikum quasi unendlich genutzt werden, der Roche-Gewinn sei dagegen hauptsächlich auf den 20 Jahre währenden Patentschutz beschränkt.

Roche ist gegen Rationierung von Medikamenten

Roche als weltgrösster Krebsmittelhersteller gewährt jedoch Rabatte bei Kombinationstherapien. Beim Brustkrebsmittel Perjeta sind sie allerdings gerade erst gesenkt worden. Seit dem 1. Juli fällt der Rabatt rund ein Drittel tiefer aus.

Helsana ist derzeit im Gespräch mit Pharmafirmen, Spitälern und Ärzten, um nach einer allgemeinen Lösung bei Kombitherapien zu suchen. «Das Ziel des Projekts ist es, dass die Kosten von Therapien mit zwei oder mehr Medikamenten gesenkt werden», sagt Klaus. Die Preise der einzelnen Mittel sollten nicht einfach addiert werden.

Auch Roche-Chef Schwan vertraut auf das Schweizer System und geht davon aus, dass Medikamente für alle erstattet werden. «Ich kann mir persönlich schwer vorstellen, dass man in einem Land wie der Schweiz Medikamente rationiert und de facto eine Zwei-Klassen-Gesellschaft einführt, das ist dann ja auch eine gesellschaftliche Frage», sagt Schwan. Er vertraue darauf, dass beim Preis stets ein Kompromiss gefunden werde.

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